Nachtschreck – Pavor nocturnus

Veröffentlicht am: 7. Oktober 2025

Wenn Kinder nachts schreien – Der Nachtschreck (Pavor nocturnus) verständlich erklärt

Eltern, die es einmal erlebt haben, vergessen diesen Moment nie:
Mitten in der Nacht schreit das Kind plötzlich laut auf, sitzt aufrecht im Bett, hat weit geöffnete Augen, schwitzt, atmet schnell – und ist dennoch nicht wirklich wach. Es reagiert nicht auf Beruhigung, lässt sich kaum ansprechen und wirkt wie gefangen in einem Albtraum. Doch das, was hier passiert, ist kein Traum – es ist ein sogenannter Nachtschreck, medizinisch Pavor nocturnus genannt.

Was ist der Nachtschreck?

Der Nachtschreck ist eine Schlafstörung aus der Gruppe der Parasomnien, die typischerweise im Tiefschlaf (Non-REM-Phase) auftritt.

Er tritt meist im ersten Drittel der Nacht auf – also deutlich vor dem Traumschlaf (REM-Phase).
Im Unterschied zu Albträumen träumt das Kind dabei nicht bewusst, sondern befindet sich in einem Zustand zwischen Tiefschlaf und Aufwachen, in dem das Gehirn Teile des Körpers bereits aktiviert, andere Bereiche aber noch „schlafen“.

Das erklärt, warum das Kind:
– aufrecht sitzen oder sogar aufstehen kann
– mit offenen Augen wirkt
– aber nicht wirklich ansprechbar ist

Am nächsten Morgen erinnert es sich an nichts.

Warum passiert das?

Der Nachtschreck entsteht durch eine vorübergehende Reifungsverzögerung im zentralen Nervensystem.
Das Schlaf-Wach-System des Gehirns ist bei Kindern noch nicht vollständig ausgereift, und in Phasen besonderer Belastung kann es „Fehlschaltungen“ geben.

Typische Auslöser oder begünstigende Faktoren sind:

  • Schlafmangel oder unregelmäßiger Schlafrhythmus
  • Fieber oder körperliche Erschöpfung
  • Emotionale Belastungen, Stress oder Ängste
  • Veränderungen im Alltag (Umzug, Schulstart, Trennung, Streit, Krankheit in der Familie)
  • Genetische Veranlagung (häufig auch bei Eltern früher aufgetreten)
  • Hochsensibilität
  • Wachstumsschub

Wie Eltern richtig reagieren können

So erschreckend die Situation auch wirkt – das Wichtigste ist: Ruhe bewahren.
Kinder im Nachtschreck sind nicht bei Bewusstsein. Ein Wecken oder Schütteln führt oft nur zu mehr Verwirrung oder Panik.

👉 Hilfreich ist:

  • ruhig bleiben und das Kind vor Verletzungen schützen (z. B. Bettumgebung sichern), nicht festhalten
  • nicht wecken, sondern in der Nähe bleiben und mit ruhiger Stimme sprechen
  • sanft abwarten und mit ruhiger Stimme begleiten, bis sich das Kind wieder hinlegt und weiterschläft
  • am nächsten Morgen nicht auf den Vorfall ansprechen, da das Kind sich nicht erinnert
  • Ein Nachtschreck dauert meist nur wenige Minuten – auch wenn er sich für Eltern ewig anfühlen kann.

Was kann helfen, um Nachtschreck-Episoden zu verringern?
Eltern können mit einfachen, liebevollen Routinen das Nervensystem des Kindes stärken:

  • Fester Schlafrhythmus: gleiche Schlafenszeiten, ausreichend Schlafdauer
  • Ruhige Einschlafrituale: vorm zu Bett gehen keine Bildschirmzeit, sanftes Licht, Entspannungsmusik, Vorlesen
  • Tagesstruktur und Sicherheit: Kinder profitieren von Vorhersehbarkeit und emotionaler Stabilität
  • Entlastung vor dem Schlaf: Gespräche über den Tag, Sorgen “abgeben”, kleine Abendrituale
  • Bewegung & Ausgleich: körperliche Aktivität am Tag fördert tiefen Schlaf
  • Reflexintegration oder Hörtraining kann helfen, das autonome Nervensystem zu regulieren
  • Stressreduktion: Entspannungsübungen, Atemtechniken oder kindgerechte Meditationen

!! Wenn Nachtschrecke häufig vorkommen (mehrmals pro Woche), sehr heftig sind oder mit Schlafwandeln kombiniert auftreten, kann eine fachliche Abklärung sinnvoll sein – z. B. bei einer Kinderärztin, Kinderpsychologin oder Schlafambulanz.

Trost zum Schluss

So beunruhigend der Nachtschreck auch sein mag – er ist harmlos und kein Anzeichen für eine psychische Störung.

Er zeigt vielmehr, dass das Gehirn des Kindes mitten im Reifungsprozess ist.
In den allermeisten Fällen verschwinden die Episoden im Grundschulalter von selbst.
Was bleibt, ist die Bedeutung der elterlichen Co-Regulation:
Deine Ruhe, dein Atem, dein sanftes Dasein sind in diesen Momenten die sicherste Brücke für dein Kind zurück in die Stabilität.

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Heilpraktikerin für Psychotherapie Kerstin Ullrich

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